GRUNDSCHULE WEITERFÜHRENDE SCHULE KINDERGARTEN

„Raus! Deutsch-deutsche Geschichten aus der Zeit der Mauer“


Vor genau 20 Jahren, in der Nacht vom 9. November 1989, konnten ostdeutsche Bürger zum ersten Mal die deutsch-deutsche Grenze in Berlin frei überqueren. Damit wurde ein großer Schritt in Richtung Wiedervereinigung gemacht, obwohl daran in dieser bewussten Nacht wohl noch ganz wenige Menschen dachten, ja glaubten.

Aus Anlass dieses historischen Ereignisses führte DST Kulturelles einen Abend unter dem Titel „Raus! Deutsch-deutsche Geschichten aus der Zeit der Mauer“ durch. Es ging an diesem Abend bewusst nicht darum, die überschwänglichen Gefühle dieser bewussten Nacht neu aufleben zu lassen. Vielmehr wurde anhand des Schicksals zweier sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten aufgezeigt, wie unmenschlich der DDR-Staat agierte und reagierte und damit wohl letztlich auch seinen Untergang bewirkte.

Nach einer kurzen Einführung durch die Schulleiterin Frau Ulrike Kunert wurden die Anwesenden anhand von Geschichten aus dem Buch von Constantin Hoffmann „Ich musste raus - 13 Wege aus der DDR“ (ISBN 978-3-89812-612-0) in die Zeit der DDR zurückversetzt. Anschließend erzählte der anwesende Autor aus seiner persönlichen Lebensgeschichte. Die Erzählung, selbst abgemildert durch den Abstand der nun bald 30 Jahre, lässt uns ob der hartherzigen Konsequenz des Regimes noch heute erschauern. Wer nicht parierte, wurde systematisch von staatlichen Leistungen ferngehalten, gemieden, bespitzelt und schikaniert. Es brauchte einen sehr starken Behauptungsdrang, um sich nicht unterkriegen zu lassen.

Bereits Constantin Hoffmanns Ausführungen wühlten auf. Die darauffolgenden Schilderungen von Graf Benedikt von und zu Hoensbroech über seine Erlebnisse zuerst als Fluchthelfer und danach als Inhaftierter des DDR-Regimes ließen niemanden unberührt, ja erschütterten richtiggehend. Hier stand ein Mann vor uns, dem es gelungen war, unter hohem persönlichem Risiko 172 Menschen aus der DDR hinaus zu schleusen. Dies nicht etwa aus Gewinnsucht, sondern aus dem Bedürfnis heraus, das Rechte und Richtige zu tun. Die Stasi schöpfte Verdacht, er wurde im Westen bespitzelt und bei einem weiteren Befreiungsversuch in der DDR gefangen genommen. Er wird verhaftet und erlebt über ein Jahr am eigenen Leib den Psychoterror eines DDR-Gefängnisses.

Man spürt: Graf Hoensbroech fehlen noch heute die Worte für das damals Erlebte und man kann nur ahnen, welche Wunden noch heute verblieben sind. Ein Mann, dem solches Unrecht angetan wurde und daran nicht zerbrach, sondern daran sogar noch wuchs, verdient unbedingten Respekt.

Über solch Erlebtes vor Publikum zu reden, ist eigentlich unmöglich, ja beinahe unmenschlich. Es kann Graf Hoensbroech nicht genug dafür gedankt werden, dass er seine Interessen auch hier einmal mehr hintanstellte und sich überwand, den anwesenden Eltern und Kindern aus dieser Zeit zu berichten, schlicht weil es notwendig war.

Genauso wie der 9. November 1989 von vielen nicht vergessen wird, wird der 9. November 2009 vielen Anwesenden an diesem Kulturabend lange in Erinnerung bleiben.

Dr. Franz Schumacher