GRUNDSCHULE WEITERFÜHRENDE SCHULE KINDERGARTEN

Anglofirlefanz und Eilmampf

Wolf Schneider fordert zur Rettung der deutschen Sprache auf


Deutschlands Sprachpapst hat vor 150 Gästen an der DST gepredigt und provoziert, die Zuhörer begeistert. Jetzt ist es Zeit für uns zu beichten und zu büßen. Haben wir nicht alle schon oft genug gesündigt, unbedacht Englisch und Deutsch vermischt, falsche Worte gewählt oder das geforderte Sprachniveau unterschritten? Kurz gesagt: Zum Untergang der deutschen Sprache beigetragen? Selbstverständlich ja. Sollten wir in Zukunft etwas gegen diesen gedankenlosen Umgang mit unserem wertvollen Kulturgut tun? Ebenfalls ja.

Mit diesem Resümee verließen die meisten der Zuhörer am 24.9. das Foyer des Eurocampus, in dem der bekannte Sprachkritiker Wolf Schneider seine Thesen zum Thema „Ist die deutsche Sprache noch zu retten?“ vorgetragen und diskutiert hatte. Der Mann hat etwas zu sagen. Und er kann seine Thesen brillant formulieren - mit einer Mischung aus Humor, Fachwissen und Streitlust. „Ich hätte ihm noch eine weitere Stunde zuhören können“, kommentierte ein Schüler. Im Anschluss an diesen Abend von „DST Kulturelles“ gab es heftige Diskussionen, die in der Veranstaltung am Folgetag mit den Schülern der Oberstufe fortgeführt wurden.

Wolf Schneider stellte den Deutschen kein gutes Zeugnis aus. Leisetreterei, Hasenherzigkeit, Selbstquälerei bescheinigte er ihnen im Umgang mit der deutschen Sprache, obwohl diese doch immer noch in vielen Bereichen zur Weltspitze gehöre. Schuld an dieser Entwicklung seien der nach 1945 zerstörte Nationalstolz der Deutschen, Überbleibsel der 68er-Bewegung, überzogene Emanzipation, mangelnde rhetorische Tradition und verbiesterte Professoren an den Universitäten, deren Texte mehr von Karriere als von Können geprägt seien. Alice Schwarzer geriet besonders in das Blickfeld des Referenten: Er bekämpft ihr Streben nach komplizierten weiblichen Wortendungen, er bewundert ihre sprachprägende Kraft.

Doch der renommierte Journalist und Sachbuchautor blieb nicht bei der bissigen Analyse stehen. Was können wir besser machen? Hier setzt Wolf Schneider auf mehrere Wege: staatliche Eingriffe (Vorbild Frankreich) und aktiven Einsatz von uns allen. Hatten nicht schon ältere Wortgewandte wie Luther gezeigt, dass man jedes Fremdwort überzeugend übersetzen kann, wenn man denn nur will. Packen wir’s an. Auch auf die Gefahr hin, sprachliche Ausrutscher wie „Eilmampf“ statt Fastfood zu produzieren. Die Familie ermuntert Schneider, mit den Kindern mehr zu reden, sie zum Lesen zu motivieren, ihnen auch im Sprechen ein Vorbild zu sein.

Wolf Schneider ist Pessimist und Optimist zugleich, was seinen (besser: unseren) Kampf für ein besseres Deutsch angeht. Viele Entwicklungen kann und will auch er nicht (mehr) aufhalten. Nicht jeder englische Ausdruck ist verdammenswerter „Anglo-Firlefanz“. Aber von einem war er am Ende des Abends überzeugt: „Das Walking ist des Müllers Lust“ werden die Deutschen nie singen. Hoffen wir, dass der Papst auch mit dieser Prophezeiung unfehlbar ist.

Lutz Lenz, Deutschlehrer an der DST