GRUNDSCHULE WEITERFÜHRENDE SCHULE KINDERGARTEN

Zweieinhalb Wochen Schwebezustand


Bericht zur Teilnahme an der Deutschen SchülerAkademie 2007



Aus dem Bewerbungsverfahren der Deutschen SchülerAkademie:

„Im Januar jeden Jahres werden alle deutschen Schulen, die zum Abitur führen gebeten, eine begabte Schülerin oder einen Schüler zur Teilnahme zu empfehlen. Diese Empfehlung ist bis Mitte Februar an die Deutsche SchülerAkademie zu senden. … Ab Ende Februar wird allen Schülerinnen und Schülern, von denen ein Nachweis der überdurchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit und Motivation vorliegt, das ausführliche Programmheft 2007 der Deutschen SchülerAkademie zugesandt. Sie werden damit aufgefordert, sich um einen Platz in einem Kurs zu bewerben und können dabei einen Wunsch-Kurs und bis zu vier Alternativkurse angeben.“


Mit dem Bewerbungsverfahren geht es also früh los – Im Januar. Die Akademie findet erst in den Sommerferien statt. Dazwischen liegt ein teilweise abschreckender, mehrstufiger Bewerbungsprozess bei dem man beim Lesen der Broschüren öfter schlucken muss, „Veranstaltung für Hochbegabte, bewiesene Leistungsfähigkeit, überdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit und Motivation, Bundesministerium für Bildung und Begabung,...“ steht da.
Spätestens jetzt fragt man sich, ob man da wirklich hingehört.
Doch alle Anstrengung lohnt sich. Wer sich hier nicht entmutigen lässt, wird mit den vielleicht markantesten zweieinhalb Wochen seines Lebens belohnt.

Die Kurse

Kernstück der DSA sind die Kurse, die die Teilnehmer belegen. In diesen Kursen verbringt man einen Großteil der Zeit mit Arbeit. Jeder Kurs besteht aus ca. 15 Schülern und zwei Kursleitern. Wer von der DST kommt, kleine Klassen und die Nähe zu den Lehrern kennt, ist hier klar im Vorteil!

Man bemerke hier, dass jeder Kurs mit zwei Leitern verwöhnt wird! Und bei den Kursleitern handelt es sich noch meist um Raritäten: Doktoranden, Physiker vom CERN, Unternehmensberater, Juristen von Privathochschulen, promovierte Psychologen…

Viele dieser Kursleiter haben als Schüler selbst an der DSA teilgenommen und leiten heute einen Kurs, weil sie etwas zurückgeben wollen von dem, was sie damals erfahren haben.
Ein Angebot von insgesamt fast 50 Kursen deckt alle nur erdenklichen Thematiken ab. In jedem der über ganz Deutschland verteilten sieben Akademiestandorten sind ca. sechs Kurse untergebracht.

So gab es z.B. an meinem Akademiestandpunkt Roßleben:
  1. den Kurs „Krumme Touren durch Raum und Zeit“, einen Physikkurs, der sich mit Minimalflächen, Einsteinschen Gleichungen und Weltformeln beschäftigt hat.
  2. den Kurs „Formeln der Wirtschaft, wie man mit Mathematik Risiko beschreibt“ der sich mit Finanzmarkt, Portfoliooptimierung und Optionsscheinbewertung auseinander setzte.
  3. den Kurs „Von Mäusen und Menschen“, einen Biologiekurs über Evolutionslehre, Bioethik, aber auch kontroverse Theorien wie den Kreationismus aus den USA.
  4. den Kurs „Prinzipien unser Gesellschaft“, einen Philosophiekurs über Demokratieverständnis, Solidarität und Meinungsfreiheit, der unter anderem die berühmten Denker Rousseau und Smith las.
  5. den Kurs „Von Körper und Gesellschaft“, der sich mit der Art und Weise, wie der Körper in der Gesellschaft angesehen wird, Körperschmuck, Tätowierungen, Schlankheitswahn u.s.w. befasste.
  6. den Kurs „Tatort Vorstandsetage“, ein Wirtschaftsrechtskurs, der die Skandale Enron, die Bestechung in Italien durch Siemens und Vodafon-Mannesmann nachempfand.
Auch wenn man sich natürlich für einen Kurs entscheiden musste, so hatten wir doch die Möglichkeit, die anderen Kurse mitzuerleben, zum einen durch einen regen Austausch mit den Kollegen aus diesen Kursen, und zum anderen durch einen „Rotationstag“, bei dem man frei war, andere Kurse zu besuchen, die ihre Arbeitsergebnisse vorstellten.

Mein Kurs

Im April hatte ich einen Platz in meinem Wunschkurs „Formeln der Wirtschaft, wie man mit Mathematik Risiko beschreibt“, zugesagt bekommen.

Gleich darauf nahmen auch schon meine zwei Kursleiter mit mir und den anderen Kursteilnehmern Kontakt auf, begrüßten uns und beschrieben uns genauer, was sie in den gut zwei Wochen Kursarbeit mit uns vorhatten.

Sie richteten auch eine Chatgroup eigens für unseren Kurs ein, in der wir uns den anderen vorstellten und uns schließlich schon vor Beginn der Akademie kannten!

Aber die Chatgroup diente noch einem anderen Zweck: der Verteilung von Arbeit!
Jeder von uns musste nämlich bei Anreise schon ein Referat vorbereitet haben, für dessen Thematik er dann in der folgenden Zeit auch als „Spezialist“ galt und den anderen als Ansprechpartner dienen konnte.
Und Referat ist nicht gleich Referat!
Ich persönlich war erstmal derart erschlagen von Umfang und Komplexität der teilweise englischsprachigen Literatur zur Vorbereitung, dass ich mich erstmal mehrere Tage im Büro vorm Computer einschloss, welches ich nur noch zum Essen verließ.

Die Vorbereitungsliteratur hatten meine zwei Kursleiter aus dem Material ihres Mathematikstudiums Bonn kopiert!
Damit war dann auch sichergestellt, dass das Niveau wie gefordert auf dem eines Wirtschaftswissenschaftsstudiums dritten bis vierten Semesters lag. Und das bedeutete konsequentes Rudern, um den Kopf über Wasser zu halten!

Inhalt meines Kurses war das Nachempfinden der nobelpreispremierten Arbeiten von Markowitz und Black-Scholes.

Der Kurs traf meine Interessen voll und bescherte mir zwei unvergessliche Wochen.

Ich habe eine gehörige Portion Motivation und eine sehr konkrete Vorstellung von meinen Studienwünschen mitgenommen.

Nicht nur Kurs

Doch auch außerhalb der Kurse gab es viel zu entdecken. So wurde zum Beispiel fast die gesamte Freizeit von uns selbst organisiert, einer bot einen Hebräischkurs zum Übersetzen des alten Testaments der Juden an, ein anderer vermittelte eine Einführung ins Arabische, nachher taten die zwei Kurse sich zusammen, um über den aktuellen Nahostkonflikt zu sprechen, andere trafen sich zum Fußball-, Volleyball- oder Frisbeespielen, manche tanzten oder boxten, andere musizierten und so weiter.

Ein weiteres Highlight war der fest eingeplante Exkursionstag: es gab die Auswahl zwischen einer Besichtigung von Buchenwald oder Weimar, einer Kanutour und einer Unternehmensführung bei Deutschlands größtem Solarzellenhersteller Q-Cells.

Der letzte Tag

Das Ende war für uns alle hart, wir hatten über zwei Wochen im Schwebezustand verbracht, ohne die Welt außerhalb der Akademie noch wahrzunehmen.
Jeder von uns war gezwungen 95 andere Teilnehmer zu verlassen, von denen er wusste, dass es „alles prima Kerle waren“.
Aber es gibt ja noch den Club der Ehemaligen, und die ersten Vorbereitungen zu einem Nachtreffen hatten schon begonnen, bevor wir uns verlassen hatten.
Am Ende waren wir uns alle bewusst, wir hatten nicht nur viel mitgenommen, sondern Raum für mehr geschaffen…


Hiermit möchte ich mich bei allen, insbesondere bei der Schulleitung Frau Kunert und Herrn Dönch, bei Herrn Brott und meinem Klassenlehrer Herrn Heinzel bedanken, die es mir ermöglicht haben, diese Erfahrung zu machen.

Max Bergel